Nudging in der Gemeinschaftsverpflegung:

„Stupser“ für eine wünschenswerte Speiseauswahl

 

Im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung ist in den letzten Jahren immer häufiger vom Ansatz des Nudgings zu hören. Der Begriff kommt aus dem Englischen („to nudge“) und bedeutet so viel wie „sanft anstupsen“. Beim Nudging geht es darum, das Verhalten von Menschen ganz ohne Zwang oder Verbote in eine wünschenswerte Richtung zu lenken. In der Gemeinschaftsverpflegung zielen entsprechende Maßnahmen darauf ab, die Tischgäste zumeist unbewusst zur Wahl gesundheitsfördernder und nachhaltiger Speisen und Getränke zu bewegen. Dazu wird die Umgebung, in der die Auswahl erfolgt, so gestaltet, dass entsprechende Speisen und/oder Getränke besonders attraktiv dargeboten werden und leicht zugänglich sind. Nudging ist auch in der Seniorenverpflegung ein vielversprechender Ansatz, um eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Speiseauswahl zu fördern.

 

Wie wir Entscheidungen rund ums Essen und Trinken treffen

Ohne es bewusst zu realisieren, treffen wir täglich rund 200 Entscheidungen rund um das Essen und Trinken. Diese Entscheidungen sind komplex und werden selten rational und reflektiert, sondern oft unbewusst und spontan getroffen. Obwohl z. B. bekannt ist, dass der Salatteller oder die Gemüsepfanne für die eigene Gesundheit die bessere Wahl wäre, entscheiden sich viele Menschen im Restaurant häufig doch für Schnitzel mit Pommes oder für Cordon Bleu mit Bratkartoffeln – kurzum für das, was bekannt ist, besonders gut schmeckt oder in dem Moment attraktiv/er erscheint. Aber auch die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit vorhandener Angebote sowie eigene Gewohnheiten (z. B. „Freitags esse ich immer Fisch“) sind Faktoren, die unsere Essentscheidungen und unser Auswahlverhalten – meist unbewusst – beeinflussen.

 

Nudging: Impulse für wünschenswerte Ess- und Trinkentscheidungen

„Die gesunden Gerichte werden bei uns nicht gewählt!“ Viele Einrichtungen, die gesundheitsfördernde und nachhaltige Speisen oder Menülinien anbieten, machen die Erfahrung, dass ihre Tischgäste diese seltener wählen als erwartet. Entsprechende Gerichte einfach nur anzubieten scheint demnach nicht auszureichen, um das Auswahlverhalten der Tischgäste zu beeinflussen. Auch ist es vor dem Hintergrund der vielfach unbewussten und gewohnheitsgeprägten Essentscheidungen kaum verwunderlich, dass klassische wissensorientierte Maßnahmen wie Information und Aufklärung zur Änderung des Essverhaltens allein nur eingeschränkt wirksam sind.

Vielversprechender erscheinen hingegen Maßnahmen, die auf der unbewussten Ebene von Essentscheidungen ansetzen. An dieser Stelle kommt das Nudging ins Spiel: Beim Nudging werden die Eigenschaften und die Platzierung von gesundheitsfördernden und nachhaltigen Speisen und Getränken so verändert, dass deren Wahl im Vergleich zu den weiteren Optionen attraktiver, leichter und dadurch wahrscheinlicher wird.
In der Gemeinschaftsverpflegung werden entsprechende Maßnahmen überwiegend dort umgesetzt, wo die Speisenauswahl erfolgt, vor allem in der Ausgabe, aber auch bei der Gestaltung des Speiseplans. Beispiele für Nudging-Maßnahmen sind eine besonders attraktive Präsentation gesundheitsfördernder und nachhaltiger Gerichte am Buffet, deren Platzierung auf Sicht- und Greifhöhe oder ihre optische Hervorhebung im Speiseplan z. B. durch eine farbige Hinterlegung oder ein Icon.

Beispiele für Nudging-Maßnahmen:
Konkrete Beispiele, wie Anbietende von „Essen auf Rädern“ sowie Senioreneinrichtungen ihren Tischgästen die Wahl gesundheitsfördernder und nachhaltiger Speisen und/oder Getränke besonders leichtmachen können sowie Tipps für die Umsetzung von Nudging-Maßnahmen finden Sie im Reiter Für die Ausgabe → Nudging 

Ein Pluspunkt von Nudging-Maßnahmen: Sie sind vergleichsweise kostengünstig, wenig personalintensiv und im Verpflegungsalltag oft leicht umsetzbar. Für eine breite Akzeptanz sollten die Maßnahmen von allen Bereichen und verpflegungsverantwortlichen Personen mitgetragen werden. Welche Maßnahmen angemessen und realisierbar sind, hängt von den individuellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Einrichtung ab.

 

Bedingungen für Nudging

Generell ist bei der Umsetzung von Nudging-Maßnahmen wichtig, dass die Wahlfreiheit erhalten bleibt. Ein Verbot oder eine Preisreduktion sind z. B. definitionsgemäß keine Nudges. Weiterhin müssen die Maßnahmen transparent, d. h. einfach zu umgehen sein und dem Wohl des/der Einzelnen bzw. der Gesellschaft dienen, also ethisch und moralisch vertretbar sein. Erst wenn diese Bedingungen erfüllt sind, können entsprechende Interventionen von Manipulation bzw. versteckter Regulierung abgegrenzt werden.

 

Weiterführende Informationen unter dem Stichwort: Nudging