Kommunikation: Respekt – Verständnis – Wertschätzung

Der große Wert eines Anbietenden von „Essen auf Rädern“ oder einer Senioreneinrichtung besteht in der Mitarbeiterschaft, die sich aus Fachkräften unterschiedlicher Bereiche zusammensetzt. Die Kompetenz dieses Teams kann jedoch erst dann optimal wirken, wenn sich die Mitarbeitenden wirklich als Team mit einem gemeinsamen Ziel verstehen, sich mit Respekt begegnen, die Schwerpunkte der Arbeit anderer Bereiche, oder vielleicht auch die besondere Kompetenz einzelner Personen, kennen und diese berücksichtigen. Dafür ist ein regelmäßiger Austausch – eine bereichsübergreifende Kommunikation – sehr wichtig. Denn erst ein kompetentes, gut informiertes Team kann untereinander wie auch mit Kund*innen und Bewohner*innen bzw. angehörigen Personen – auch in herausfordernden Situationen – verständnisvoll und wertschätzend kommunizieren.

 

 

Warum gute bereichsübergreifende Kommunikation so wichtig ist

Jede*r Mitarbeitende verschiedener Bereiche sowohl eines Anbietenden von „Essen auf Rädern“ als auch in einer Senioreneinrichtung, leistet einen wichtigen Beitrag ältere Menschen gut zu versorgen bzw. zu verpflegen. Denn gerade die Vielzahl unterschiedlicher Charaktere im Team, der große Erfahrungsschatz unterschiedlicher Disziplinen und das Kommunizieren verschiedener Sichtweisen auf Basis der vielfältigen Berührungspunkte und Erfahrungen mit den älteren Menschen tragen dazu wesentlich bei.

Um eine vertrauensvolle Kommunikationsbasis und eine gute Zusammenarbeit zu schaffen und aufrecht zu erhalten, ist es wichtig, dass sich die Mitarbeitenden verschiedener Bereiche als ein Team wahrnehmen, das ein gemeinsames Ziel anstrebt, dabei gemeinsame Werte verfolgt und dieses gemeinsame Verständnis im Arbeitsalltag umsetzt. Eine entsprechende Arbeitskultur muss auf Leitungs- bzw. Führungsebene erwünscht, gefördert und entsprechend etabliert sein.
Auf der Arbeitsebene sind dafür transparente Arbeitsprozesse, feste Zuständigkeiten, konkrete Absprachen und ausreichend Zeit für eine interdisziplinäre Kommunikation notwendig. Beispiele dafür sind feste Zeiten für:

  • Team-Besprechungen,
  • Dienstübergaben,
  • Fallbesprechungen,
  • die regelmäßige Zusammenkunft eines interdisziplinären Ernährungsteams sowie
  • regelmäßige Schulungsangebote und Fortbildungen für alle Mitarbeiter*innen.

Lob und Kritik sollten immer ruhig, konstruktiv und wertschätzend ausgetauscht und Informationen präzise kommuniziert werden, denn der Erfolg ist letztlich der des gesamten Teams.

 

Ein Beispiel dazu:
Besteht in der Senioreneinrichtung der Konsens den Einsatz tierischer Lebensmittel zu reduzieren, um damit CO2 einzusparen, so sollten sowohl die Mitarbeitenden als auch die Bewohner*innen Ideen und Vorschläge dazu einbringen. Der gemeinsame Konsens und daraus resultierende Maßnahmen, zu welchen Mahlzeiten z. B. die Auswahl oder die Menge an Fleisch oder Wurstwaren reduziert und die Auswahl pflanzlicher Alternativen erweitert wird, muss dem gesamte Team bekannt sein. Dieses sollte gut über die Kommunikation weiterer Hintergründe und Vorteile informiert sein, diese mittragen und positiv kommunizieren. Eine Aussage während der Speisenausgabe wie: „Heute gibt es leider kein Fleisch, das hat die Küche jetzt rationiert.“, würde Unverständnis und Bevormundung bei den Bewohner*innen hervorrufen und sicherlich kein gutes Bild auf das Verpflegungsangebot wie auch die Teamarbeit des Hauses werfen. Wird hingegen der hohe Wert eines vegetarischen Gerichts für deren Gesundheit ebenso wie für die unserer Erde betont und darauf hingewiesen, dass die erfragten fleischlosen Lieblingsspeisen nun vom Küchenchef mit lokalem Gemüse zubereitet werden, wird die Akzeptanz der Speise gesteigert.
Die Auswahl von Fleisch sollte auf individuellen Wunsch jedoch immer bestehen bleiben. 

 

Wie eine gute Kommunikation mit älteren Menschen gelingen kann

Besonders für zu Hause lebende ältere Menschen ist die pflegende Person oder ein*e Mitarbeitende*r des Mahlzeitendienstes vielfach der einzige soziale Kontakt am Tag. Auch in der Senioreneinrichtung sind die Mitarbeitenden meist primäre Kontakt- oder Vertrauenspersonen und damit bedeutende Kommunikationspartner*innen. Aus diesem Grund sollte auf das Gespräch mit älteren Menschen besonderen Wert gelegt werden. Konflikte im Team und daraus resultierende Anspannung nehmen ältere Menschen sehr wohl wahr und können diese als störend im „eigenen Wohnumfeld“ empfinden. Viele weitere Faktoren können – seitens älterer Menschen – Einfluss auf die Gesprächssituation nehmen. So ist das eigene Wohlergehen bzw. das einer angehörigen Person, wozu das Essen und Trinken wesentlich beiträgt, ein sehr persönliches und damit emotionales Thema. Hinzu kommt, dass die Kommunikation in einer Situation stattfindet, die für die eine Person das professionelle Arbeitsumfeld, für die andere jedoch ihr zu Hause ist. Zudem können auftretende Einschränkungen älterer Menschen Einfluss auf deren Kommunikationsfähigkeit und damit deren soziale Einbindung nehmen.

Dazu zählen z. B.:

  • eine verminderte Hörleistung,
  • kognitive Beeinträchtigungen oder Krankheiten, die eine verbale und nonverbale Kommunikation erschweren können oder
  • eine Depression, die zu Hause wie auch in der Senioreneinrichtung durch Einsamkeit und Unwohlsein, das Gefühl nicht zu Hause zu sein und einen geliebten Menschen oder seine Familie zu vermissen, entstehen können.

Darüber hinaus fällt es einigen Menschen generell schwer sich anderen mitzuteilen.  

Auf der anderen Seite stehen pflegende oder unterstützende Personen älterer Menschen täglich vor vielfältigen – mitunter auch kritischen und belastenden – Aufgaben und Herausforderungen, die teils unter großem Zeitdruck bewältigt werden müssen. Dies kann dazu führen, dass nicht nur der professionelle Umgang im eigenen Team oder mit Kolleg*innen aus anderen Bereichen, sondern auch die Kommunikation mit den älteren Menschen oder deren Angehörigen/Betreuenden, leidet. Generell sollte das Personal daher dahingehend geschult sein – auch in stressigen Situationen – in einem Austausch das Gefühl vermitteln zu können, das Anliegen wirklich verstanden zu haben und ernst zu nehmen sowie sicher zu gehen, dass die gegebene Antwort wirklich angekommen und verstanden ist. Dabei müssen die Kommunikation und die gesamte Körpersprache stimmig sein. Denn Mimik und Gestik, der Tonfall und die Sprache sind Teil der verbalen, wie auch bei der nonverbalen Kommunikation.

 

Tipps für eine gute Kommunikation

  • durch eine möglichst offene, zugewandte Köperhaltung zu signalisieren, dass Sie sich gerne auf das Gespräch einlassen, d. h. beispielsweise nicht die Arme vor dem Körper zu verschränken, stattdessen vielleicht ein Lächeln zu schenken,
  • in einem ruhigen und höflichen Tonfall zu antworten und bei Bedarf laut genug zu sprechen, dass Ihr Gegenüber Sie gut versteht,
  • bei Bedarf die Geschwindigkeit des Sprechens anzupassen,
  • Ihre Worte bei Bedarf mit möglichst wenig Gestik zu untermauern, da dies hektisch und verwirrend wirken und das Verständnis mindern kann,
  • Ihre Zuneigung, Zeit und Ausdauer zu signalisieren, ganz besonders dann, wenn die Situation stressig und herausfordernd ist.

Die Körpersprache hat eine umso größere Bedeutung, wenn die Kommunikation nur noch nonverbal, also fast ausschließlich über Mimik und/oder Gestik erfolgt.

 

Wertschätzende Kommunikation zu genussvoller Verpflegung beginnt mit der Wortwahl

Die Verpflegung eines älteren Menschen – ganz gleich, ob sie zu Hause oder in einer Senioreneinrichtung stattfindet – greift immer tief in einen sehr persönlichen Bereich ein. Denn an beiden Orten ist das Empfangen einer oder mehrerer Mahlzeiten, sei es zusätzlich mit oder ohne weitere Unterstützung beim Essen und Trinken, gleichzeitig das offene Eingeständnis –  aus ganz unterschiedlichen Gründen – nicht mehr ausreichend gut für sich selber sorgen zu können. Dies fällt vielen älteren Menschen, die ihr ganzes Leben für sich und vielleicht auch für ihre Familie gesorgt haben, sehr schwer.  Das Essen und Trinken ist bei jedem Menschen mit individuellen, oft langjährigen Gewohnheiten, mit Emotionen, Werten und Genuss verbunden. Gleichzeitig nimmt die Ernährung Einfluss auf die persönliche Gesundheit, was für viele ältere Menschen eine hohe Bedeutung hat.
Umso wichtiger ist es daher der Kommunikation rund um das Verpflegungsangebot große Aufmerksamkeit zu schenken. Es gilt bewusst und zugewandt zuzuhören und eine – bei Bedarf – langsame, gut verständliche, informative, in jedem Fall aber wertschätzende Antwort zu geben. Dies schafft eine vertrauensvolle Basis für den gemeinsamen Austausch wie auch für die Unterstützung oder das Anreichen einer Mahlzeit. Denn gerade diese Situation erfordert eine ruhige, entspannte und vertrauensvolle Basis.

Zu einer angenehmen und wertschätzenden Essatmosphäre gehört auch, dass in der Ausbildung gelernte Fachbegriffe zwar richtig und wichtig sind. Sie entsprechen jedoch häufig nicht einem als wertschätzend empfundenen Sprachgebrauch in der üblichen Situation einer gemütlichen und gepflegten Mahlzeit. Dies trifft z. B. auf Begriffe wie „Essen/Nahrung einführen“ oder „Getränke eingeben“, zu. Gleiches gilt für Begriffe, die der Versorgung von Kindern entstammen, wie „füttern“, „Lätzchen“ oder „Brei“, die bei der Verpflegung erwachsener Menschen als nicht wertschätzend empfunden werden. Vor allem im Gespräch mit älteren Menschen und in deren Beisein sollte ein wertschätzender Sprachgebrauch rund um das Essen und Trinken sowie damit verbundene Tätigkeiten selbstverständlich sein.

 

Tipps für eine genussfördernde Kommunikation 

  • Bieten Sie zur Mahlzeit oder beim Anreichen von Getränken eine saubere/eigene Serviette an. Wenn es von der betroffenen Person gewünscht ist, kann vor der Mahlzeit ein sauberer Kleiderschutz angelegt werden. Beim Anreichen von Mahlzeiten im Bett kann auch ein sauberes Handtuch die Bettdecke oder das Kopfkissen schützen.
  • Achten Sie darauf keine Begriffe zu verwenden, die für den Umgang mit Kindern üblich sind wie „Lätzchen“, „Brei“ oder „Füttern“. Bei der Verpflegung erwachsener Menschen sollten stattdessen die Begriffe „Kleiderschutz“, „pürierte Speisen“ und „Anreichen von Speisen oder Getränken“ vorgezogen werden.
  • Anstelle fachtheoretischer Begriffe, wie „Getränke eingeben“ oder „Nahrung einführen“, sollte sich im Zweigespräch mit der betroffenen Person eines genussfördernden Sprachgebrauchs bedient werden. Wie z. B.:
    •   „Herr M.: Darf ich Ihnen eine Tasse duftenden Kaffee oder einen wärmenden Tee anbieten?“
    •   „Frau S. Heute hat das Küchenteam einen luftigen Erbsenschaum mit einem cremigen Kartoffelpüree und einer saftigen Frikadelle aus Putenfleisch zubereitet. Darf ich Sie beim Essen unterstützen?“

Gemäß den Empfehlungen des „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung mit 'Essen auf Rädern' und in Senioreneinrichtungen“ sollte ein guter Austausch zwischen Küchenteam und den Mitarbeitenden, die die Speisen ausgeben, anreichen oder bei deren Auswahl beraten, erfolgen. So können diese – auch bei kurzfristigen Abweichungen vom geplanten Angebot – kompetent und umfänglich Auskunft geben und bei der Zusammenstellung einer im besten Fall bunten, gesundheitsfördernden und nachhaltigen Mahlzeit unterstützen (Nudging). 

 

Lob und Kritik aktiv erfragen
Aus Angst davor, keine weitere Unterstützung zu erhalten, trauen sich ältere Menschen vielfach nicht Kritik zu üben und äußern Dankbarkeit, auch wenn sie unzufrieden sind. Gezielt nach der Zufriedenheit mit dem Angebot, nach Wünschen und Optimierungspotential zu fragen – und ggf. zu einer ehrlichen Antwort zu motivieren – ist daher wichtig. Ziel ist, dass eine Situation entsteht, in der sich der ältere Mensch wohl und verstanden und somit motiviert fühlt zu sagen oder auszudrücken, was ihm/ihr wichtig ist.

 

Ein gutes Team meistert die Kommunikation auch in herausfordernden Situationen

Ganz besonders in herausfordernden Situationen, die oftmals aus Missverständnissen, stressigen Situationen oder durch krankheitsbedingte Einschränkungen älterer Menschen entstehen können, profitieren alle beteiligten Personen von einem gut geschulten Team und einer wertschätzenden Zusammenarbeit. Diese kann sich z. B. darin zeigen, dass ein*e Kolleg*in in einer schwierigen Gesprächssituation signalisiert, den Austausch unterstützen oder übernehmen zu können. Es kann jedoch auch bedeuten als Team nach den Ursachen für das auffällige/herausfordernde Verhaltensweisen einer Person zu suchen. Gerade dafür sind die vielfältigen Erfahrungen der Mitarbeitenden verschiedener Bereiche, die die betroffenen Person aus unterschiedlichen Situationen kennen, sehr hilfreich. So kann zum einen ein bereichsübergreifender Prozess der Lösungsfindung einen Benefit für die betroffene Person darstellen, indem ermittelte Unruhe oder Angst stimulierende Faktoren vermindert oder sogar vermieden werden können. Zum anderen ist eine solche gemeinsame Leistung auch ein Gewinn für das Team und eine Erleichterung der täglichen Arbeit.

Eine Hilfestellung bietet ein vom Department für Pflegewissenschaft, Universität Witten/Herdecke des Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), Witten erarbeitete „Wittener Modell der
Fallbesprechung bei Menschen mit Demenz mit Hilfe des Innovativen-demenzorientierten – Assessmentsystems -WELCOME-IdA.“ Dieser Handlungsleitfaden unterstützt bei der Ermittlung von Ursachen bei herausforderndem Verhalten bzw. herausfordernder Kommunikation einer an Demenz erkrankten Person.

 

Weiterführende Informationen unter dem Stichwort: Demenz