Beim Essen und Trinken einfühlsam unterstützen
Ist selbstständiges Essen und Trinken nicht mehr zuverlässig oder gar nicht mehr möglich, so wird eine individuelle Unterstützung nötig. Die zu pflegende Person maximal zu unterstützen geschieht zumeist aus positiven Beweggründen oder aus Zeitmangel. Jedoch gilt: Unterstützen Sie so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig, um Kompetenzen zu erhalten! Der Unterstützungsbedarf hängt ganz individuell – mitunter auch tages(zeiten) abhängig – vom körperlichen und/oder geistigen Befinden ab. Das bedeutet, dass der Bedarf an Unterstützung bei jeder Mahlzeit variieren kann.
Tipp: Für einen erwachsenen Menschen, der über sein gesamtes Leben eigenständig gegessen und getrunken hat, kostet es viel Überwindung sich Essen und Getränke nun anreichen lassen zu müssen oder Unterstützung dabei zuzulassen. Können Sie dieses Gefühl nachvollziehen? Begeben Sie sich einmal selbst in diese Situation und lassen Sie sich Essen und ein Getränk anreichen. Achten Sie darauf wie es Ihnen dabei geht, wie Sie wünschen angesprochen zu werden und eingebunden zu sein. Sie werden bemerken, wie sehr das Anreichen von Speisen und/oder Getränken in einen sehr intimen Bereich eingreift, der niemals ohne vorherige Ankündigung und Zustimmung der betroffenen Person erfolgen darf und sehr einfühlsam erfolgen muss. Fragen Sie vorher immer nach, ob Sie das Essen oder ein Getränk anreichen dürfen und kündigen Sie an, um welche Speise oder welches Getränk es sich handelt.
Was muss ich für die Vorbereitung der Mahlzeit beachten?
Vielfach kostet es nicht nur große Überwindung etwas so Persönliches wie das eigenständige Essen und Trinken in fremde Hände legen zu müssen. Darüber hinaus fehlen oftmals auch die Schritte davor wie sich jetzt bewusst für diese Mahlzeit zu entscheiden, sich darauf einstellen und freuen zu können. Daher sollte jede Möglichkeit genutzt werden, ältere Menschen mit Unterstützungsbedarf auf das anstehende Anreichen eines Getränks oder die kommende Mahlzeit einzustimmen, sie dabei einzubeziehen und wenn möglich an den Vorbereitungen teilhaben zu lassen, wenn dies gewünscht ist. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass die unmittelbare Zeit vor und während der Mahlzeit geschützt ist, das heißt, dass die Mahlzeit ganz in Ruhe und ohne Ablenkung verzehrt werden kann. In Senioreneinrichtungen wird dies als „geschützte Essenszeiten“ bezeichnet, während derer möglichst alle weiteren Tätigkeiten ruhen und sich alle verfügbaren Kapazitäten auf die Unterstützung bei der Mahlzeit konzentrieren sollten. Dies führt nicht nur zu maximaler Unterstützung für diejenigen, die diese benötigen, sondern auch zu Ruhe und weniger Ablenkung während der Essenszeiten.
- Nehmen Sie sich Zeit, so dass Sie sich auf die Mahlzeit bzw. deren Vor- und Nachbereitung konzentrieren können.
- Sorgen Sie für einen hellen Essplatz, möglichst frische Luft und eine ruhige und angenehme Atmosphäre bei der Mahlzeit.
- Ermöglichen Sie unmittelbar vor den letzten Vorbereitungen zur Mahlzeit den Toilettengang und das Reinigen der Hände. Achten Sie darauf, dass die Prothese eingelegt ist, erinnern Sie ggf. daran oder legen diese mit sauberen Händen ein.
- Beziehen Sie auch ältere Menschen mit Hilfebedarf aktiv in die Vorbereitung der Mahlzeit, z. B. durch das Eindecken der Essplätze mit ein. Ist dies nicht möglich so kann auch das Zuschauen, das Anregen der Sinne durch den Duft des Essens, ein bestimmtes Ritual oder die gezielte Ansprache einzelner Personen diese auf die Mahlzeit einstimmen.
- Legen Sie, wenn dies gewünscht ist, einen sauberen Kleiderschutz an und schützen Sie das Bett bzw. das Kopfkissen mit einem Handtuch, wenn die Mahlzeit im Liegen angereicht wird.
- Achten Sie darauf, dass die betroffene Person eine angenehme und gute Position zum Essen und Trinken einnimmt.
- Legen Sie sich benötigtes Geschirr, Besteck, Servietten oder Hilfsmittel in Griffweite bereit und öffnen Sie ggf. Kleinverpackungen wie Marmelade oder Butter, wenn diese gewünscht werden.
- Waschen und desinfizieren Sie sich vor dem Anreichen der Speise die Hände.
Haben Sie die Positionierung beider Personen im Blick?
Bevor die Mahlzeit gereicht wird, ist es wichtig darauf zu achten, dass die betroffene Person die Mahlzeit in einer angenehmen Position verzehren kann. Dies gilt gleichermaßen für das Essen am Tisch, auf der Bettkante oder im Bett liegend.
Was Sie für die richtige Position bei der betroffenen Person beachten müssen:
- Achten Sie am Tisch darauf, dass die betroffene Person bequem sowie aufrecht sitzt und die Füße Kontakt mit dem Boden haben.
- Auch im Bett sollte eine aufrechte Sitzposition ermöglicht werden. Stellen Sie dafür das Kopfteil so weit wie es möglich und angenehm ist, aufrecht. Besonders zum Trinken ist eine sitzende oder auf der Seite liegende Position wichtig, damit es nicht zum Verschlucken kommt.
- Der Kopf darf beim Essen und Trinken nicht nach hinten geneigt sein, da dies die Gefahr des Verschluckens birgt. Daher ist es wichtig, dass Sie sich auf Augenhöhe der betroffenen Person befinden, also ebenfalls sitzend oder wenn das Bett hochfahrbar ist, dann ggf. auch stehend.
- Liegt eine halbseitige Lähmung vor, so sollte die Person gut gestützt sein und das Anreichen von der gelähmten Seite aus erfolgen.
Für die anreichende Person ist eine rückenschonende Sitzposition ebenso wichtig wie die Möglichkeit auf Augenhöhe den Kontakt zur betroffenen Person aufnehmen und halten zu können. Achten Sie jederzeit bewusst auf Ihre Körperhaltung. Wenn Sie die Mahlzeit am Tisch anreichen, so können Sie neben oder gegenüber der betroffenen Person sitzen. Reichen Sie die Mahlzeit einer liegenden Person an, so können Sie das Bett auf eine für Sie geeignete Höhe fahren, um beim Anreichen stehen können, wenn Sie diese Position bevorzugen. Beachten Sie in beiden Fällen, dass Sie Ihren Rücken gerade halten, d. h. sich nicht verdrehen und nicht dauerhaft nach vorne beugen müssen. Vermitteln Sie der betroffenen Person, dass Sie sich Zeit für das Anreichen nehmen und keine Eile besteht. Reichen Sie das Essen daher nicht im Stehen oder im Vorbeigehen an, wenn der ältere Mensch sitzt. Zudem ist es wichtig die Person, der Sie die Mahlzeit anreichen gut zu beobachten und Blickkontakt zu haben und zu halten, so dass Sie es sofort bemerken, wenn ein Problem auftritt.
Wie kann ich das Anreichen der Mahlzeit angenehm gestalten?
Unmittelbar vor oder während der Mahlzeit kommt es darauf an, dass die Gewohnheiten der Person, der die Mahlzeit angereicht wird, bekannt sind und Beachtung finden. Die appetitlich dargereichte Mahlzeit sollte im Sichtbereich des älteren Menschen stehen, da „das Auge bekanntlich mit isst“ und der Anblick der Mahlzeit die Lust auf das Essen anregen sollte. Zudem vermittelt es das gewohnte Gefühl, die Mahlzeit vor sich stehen zu haben und diese selbst essen zu können. Die Geschwindigkeit des Anreichens gibt immer die betroffene Person vor. Vermitteln Sie jeder Zeit, dass die Mahlzeit mit Ruhe angereicht werden kann und machen Sie zwischenzeitlich kurze Pausen, wenn Sie merken, dass das Essen und Trinken anstrengend ist.
Beobachten Sie die Person, der Sie die Mahlzeit anreichen, stets gut. Wird mit Genuss und Freude gegessen oder stellt sich das Essen und Trinken eher mühsam dar? Probleme beim Kauen oder Schlucken, Husten während der Mahlzeit, ein nicht vollständig entleerter Mund oder Speichel, der aus dem Mund rinnt, sind Hinweise auf Kaubeschwerden oder eine Schluckstörung, die eine sofortige Suche nach Ursachen und eine entsprechende Anpassung des Speiseangebots erfordern. Motivieren Sie bei gurgelnden Geräusche immer wieder zum Husten. Beenden Sie das Anreichen der Mahlzeit, wenn das Geräusch nach dem Husten bestehen bleibt und holen Sie ärztlichen Rat ein. Reichen Sie keinesfalls Essen oder Getränke an, wenn bei der betroffenen Person rasselndes Atmen oder Atemnot auftreten. Ziehen Sie in diesem Fall sofort ärztlichen Rat hinzu.