Wenn Beeinträchtigungen oder Krankheiten das Essen und Trinken erschweren

Vielfach wird das Angebot von „Essen auf Rädern“ erst dann genutzt, wenn auf Grund von (akuten) Krankheiten oder Beeinträchtigungen der Einkauf und/oder die Zubereitung der Mahlzeiten schwerfällt. Ebenso zählt es in der Senioreneinrichtung zu Ihren täglichen Aufgaben Speisen und Getränke zuzubereiten, die den Bedarf an Nährstoffen decken und gleichzeitig individuelle, auch krankheitsbedingte Anforderungen berücksichtigen. Ein interdisziplinäres Ernährungsteam, das sich in die Planung einer individuellen Ernährungsversorgung einbringt, ein entsprechendes Angebot flexibel vorhalten und kompetent dazu informieren kann, hat also eine hohe Bedeutung. Was Sie bei der Planung und Zubereitung spezieller Verpflegungsangebote bei Kaubeschwerden oder Schluckstörungen, einer Demenz, Adipositas oder Typ-2-Diabetes beachten müssen, um einer Mangelernährung vorzubeugen, was bei einer Wunschkost zählt, wo Sie weitere Informationen finden und wie Sie ältere Menschen an spezielle Kostformen heranführen können, erfahren Sie in diesem Kapitel.

 

Bedeutung eines kompetenten Küchenteams

Sehen Sie die Verpflegung bei besonderen Anforderungen nicht nur als Herausforderung, sondern gleichzeitig als eine Chance in vielerlei Hinsicht an. Denn durch eine spezielle Zubereitung oder eine den Anforderungen entsprechende Darreichung der Speisen können Sie Ihre Tischgäste optimal unterstützen. Damit trägt das Küchenteam ganz wesentlich dazu bei:

  • den Betroffenen weiterhin eigenständiges Essen und Trinken zu ermöglichen,
  • ihren Gesundheitszustand zu erhalten oder zu fördern,
  • einer Mangelernährung vorzubeugen und nicht zuletzt
  • Genuss und Wertschätzung in einer herausfordernden Situation zu bieten.

Einen Gewichtsverlust und eine Mangelernährung zu vermeiden, die bei vielen Beeinträchtigungen oder Krankheiten im Alter droht, ist das oberste Ziel, auf das die Verpflegungsverantwortlichen aller Fachbereiche gemeinsam und mit aller Kraft hinarbeiten sollten. Wobei ein Mangel an Nährstoffen auch bei Personen mit Übergewicht auftreten kann.

Die Küche nimmt hierbei eine besondere Rolle ein. Denn in einer Senioreneinrichtung oder bei einem Anbietenden von „Essen auf Rädern“ ist diese quasi das Zentrum für Genuss, in dem Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit gleichermaßen als Basis aller Kostformen dienen sollten. Sie als Küchenteam sind es, die wissen wie die Speisen zubereitet, ernährungstherapeutische Anforderungen an Mahlzeiten umgesetzt und gleichzeitig Wünsche berücksichtigt werden können. Kommunizieren Sie diese Kompetenz und Ihr vielfältiges individuelles Angebot aktiv an Ihre Kund*innen, die „Essen auf Rädern“ beziehen und an die Bewohner*innen Ihrer Einrichtung. Ein vielfältiges Verpflegungsangebot, das genussvoll zubereitet die Gesundheit fördert, nachhaltig ist sowie die Bedürfnisse und Wünsche der Tischgäste wertschätzend einbezieht, ist das beste Marketing für Sie und das ganze Haus. Es vermittelt Ihren Tischgästen: „Hier sind Sie rundum gut verpflegt. Wir unterstützen Sie kompetent, auch wenn durch Beeinträchtigungen oder krankheitsbedingt spezielle Anforderungen an die Verpflegung bestehen.“

Basis für die Verpflegungsqualität ist die Qualifikation des Küchenteams sowie regelmäßige Fort- und Weiterbildungen. Eine speziell für die Planung und Zubereitung diätetischer und bei Bedarf konsistenzangepasster Kostformen ausgebildete Person wie ein*e Oecotropholog*in, ein*e Diätassistent*in, ein*e diätetisch geschulte*r Köch*in sollte dafür Teil des Küchenteams oder bei Bedarf verfügbar sein. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungen des Personals sowie ein den Tätigkeiten angemessener Arbeitsplatz zählen zum Bereich sozialer Nachhaltigkeit.

 

Weiterführende Informationen unter dem Stichwort: Fortbildungsangebote Bereich Gemeinschaftsverpflegung

Individuelle Verpflegungsangebote planen

Wie ein individuelles Verpflegungsangebot für ältere Menschen mit Beeinträchtigungen und Krankheiten gelingen kann, zeigt Ihnen das Kapitel 4.6 „Gemeinschaftlich und trotzdem individuell“ des DGE-Qualitätsstandards. Denn auch für einige im Alter häufig auftretende Krankheiten oder funktionale (körperliche) bzw. kognitive (geistige) Beeinträchtigungen, ist eine Verpflegung nach DGE-Qualitätsstandard die beste Wahl. Allerdings ist zu beachten, dass die Speisen oder Getränke – je nach Beeinträchtigung oder Krankheit – in der Konsistenz, der Darreichung, dem Energie- oder Nährstoffgehalt entsprechend angepasst werden müssen.

 

Wie Sie bereits im Voraus klug planen können

Im besten Fall haben Sie bereits im Rahmen eines interdisziplinären Ernährungsteams ausgearbeitet, welche – bei Bedarf mit Energie und Nährstoffen angereicherte – Kostformen und Möglichkeiten der Darreichung Sie Ihren Kund*innen oder Bewohner*innen bei Krankheiten und Beeinträchtigungen anbieten können. In Senioreneinrichtungen sollte dies in einem Verpflegungskonzept aufgeführt sein, das sowohl das gesamte Verpflegungsangebot sowie das interdisziplinäre Vorgehen umfasst. Zudem können mögliche zusätzliche Schritte, die aufgrund einer individuellen Therapie notwendig werden können, in einem Konzept der Ernährungsversorgung festgelegt werden.

Wie kann ich mir Unterstützung bei notwendiger Ernährungstherapie hinzuziehen?

Wann immer Beeinträchtigungen oder Erkrankungen auftreten, die sich ungünstig auf das Essen und Trinken auswirken können und damit das Risiko einer Mangelernährung erhöhen, so ist ein individuelles Vorgehen in enger Absprache mit dem Pflegepersonal und wenn möglich der betroffenen Person von Bedeutung. Richten Sie sich im Anschluss an die medizinische Abklärung der Ursachen nach der individuell empfohlenen Ernährungstherapie oder individuellen ärztlichen Empfehlungen. In einem Ernährungsteam oder in enger Absprache mit dem Pflegeteam, kann die Verpflegung nach DGE-Qualitätsstandard, wenn eine vollwertige Mischkost als geeignete Verpflegung angezeigt ist oder ergänzend mit den Empfehlungen des Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP) gestaltet werden. Wird durch bestimmte Krankheiten eine ärztlich verordnete Ernährungstherapie erforderlich, sollte eine Ernährungsfachkraft (z. B. aus den Bereichen Diätassistenz oder Ernährungswissenschaft) hinzugezogen werden oder das Küchenteam über eine Person mit entsprechender Qualifikation (Kochausbildung mit zusätzlicher diätetischer Ausbildung) verfügen. Denn diese sind für die Zubereitung spezieller Kostformen therapiebedürftiger Krankheiten speziell ausgebildet und können so entsprechenden Anforderungen an die Verpflegung gerecht werden.

In einem Ernährungsteam können die individuellen Fähigkeiten der betroffenen Person sowie Fort- oder Rückschritte im Genesungsprozess mit allen beteiligten Fachbereichen sowie externer ärztlicher oder therapeutischer Expertise besprochen werden. Gemeinsam können Sie mit Ihrer jeweiligen Expertise und Erfahrung nach der geeigneten Form der Verpflegung suchen. Spezielle Konsistenzen können mit der Fachkraft aus Pflege oder Therapie abgestimmt und individuell ausprobiert werden.

 

Spezielle Verpflegungsangebote: ältere Menschen mit Genuss heranführen

Vielfach führen alters- oder krankheitsbedingte Veränderungen dazu, dass Speisen oder Getränke speziellen Anforderungen entsprechend zubereitet oder dargereicht werden müssen. Was für den Einen ein sinnliches Erlebnis oder Genuss auf Sterneniveau ist, kann bei der Anderen Unbehagen oder sogar Scham auslösen. Viele Faktoren wie die Essumgebung oder die Präsentation von Fingerfood oder pürierter- bzw. Schaumkost können Einfluss darauf nehmen, wie das Angebot wahrgenommen wird. Dabei spielt die Mahlzeit selbst wie auch die Häufigkeit des Angebots eine entscheidende Rolle. Während Frühstück und Abendessen üblicherweise in Teilen ohne Besteck verzehrt werden, so ist es doch eher unüblich jede Speise mit den Fingern als sogenanntes „Fingerfood“ zu verzehren. Dies fällt eben nicht jeder Person leicht und ganz besonders dann nicht, wenn weitere Tischgäste mit Besteck essen. Nur noch pürierte Speisen essen zu müssen, kann ebenfalls Überwindung kosten und Einfluss auf die Akzeptanz nehmen – zumindest am Anfang. Besonders bei Speisen, die üblicherweise nicht in dieser Form angeboten werden wie ein Frühstücksschaum, der z. B. aus Milchbrötchen, Sahne und Kaffee besteht.

 

Machen Sie spezielle Kostformen für alle erlebbar.

Dies ermöglicht es Kund*innen und Bewohner*innen sowie deren Angehörigen, Fragen zu stellen und eventuell bestehende Vorbehalte oder Ängste abzubauen, noch bevor eine spezielle Kost- oder Darreichungsform wirklich erforderlich wird. Denn in der akuten Situation einer Krankheit oder Beeinträchtigung fällt es noch schwerer, sich an neue Speisen oder eine unbekannte Konsistenz zu gewöhnen. Wie spezielle Kostformen gelegentlich zu einem Genuss-Erlebnis für alle führen können, finden Sie jeweils als Beispiel unter der entsprechenden Darreichungsform.

 

Fingerfood – nicht nur für Menschen mit Demenz ein Genuss

Vielfach wird Fingerfood zum Thema, wenn es sich um die Verpflegung älterer Menschen mit Demenz handelt. Tatsächlich ist das Essen mit den Fingern ein sinnliches Erlebnis und damit geeignet, die Sinne eines Menschen der an Demenz erkrankt ist, anzuregen. Gleiches gilt für die Tatsache, dass ältere Menschen im späteren Stadium einer Demenz die Fähigkeit verlieren können mit Messer und Gabel zu essen. Auch dann ist Fingerfood ein gutes Angebot, um selbstständiges Essen zu ermöglichen und zu erhalten. Dies trifft jedoch auch auf all jene zu, die beispielweise an einem Tremor leiden, motorische Einschränkungen haben oder nicht mehr mit Besteck essen möchten.

 

Fingerfood – Was kann ich beim Angebot beachten?

Fingerfood kann vielfältig angeboten und eingesetzt werden. Drei Kriterien sollten für die Zubereitung erfüllt werden. Darüber hinaus sind Ihrer Kreativität hingegen keine Grenzen gesetzt. Fingerfood ist:

  • pro Portion nicht größer als ein bis zwei Bissen,
  • leicht zu greifen, zu kauen und zu schlucken,
  • in der Konsistenz nicht klebrig oder bröselig.

Bieten Sie, Ihren Tischgästen, wenn es hilfreich ist und deren Selbstständigkeit beim Essen erhält, jede Mahlzeit in Form von Fingerfood an. Soweit betroffene Personen damit umgehen können, bieten Sie auch Soßen zum Dippen an. Bei Gewichtsverlust und Mangelernährung kann Fingerfood zudem mit energiereichen Lebensmitteln wie pflanzlichen Ölen wie Raps- oder Nussöl, Nussmus oder Sahne angereichert werden.

 

Beispiele für Fingerfood zu verschiedenen Mahlzeiten

Weitere Informationen und Rezepte zum Thema Fingerfood finden Sie in unserer Rezeptdatenbank
Unter der Rezeptart Fingerfood

Tipp: Suchen Sie im Internet nach Kochkursen zur Gemeinschafts- bzw. Seniorenverpflegung oder Fragen Sie in der Vernetzungsstelle Seniorenernährung Ihres Bundeslandes nach. Weiterführende Informationen unter dem Stichwort: Adressen.